Nebel
„Und wieder einmal war ich an einem dieser Punkte angekommen: Ein sehr bewegter Lebensabschnitt ging zu Ende. Ich hatte ihn abgeschlossen, mit allen Konsequenzen, und so absolut keine Ahnung wie es weiter gehen sollte. Wo sollte es hingehen? Was sollte ich angehen? Und Wie? So viele Optionen und keine fühlte sich wirklich richtig an und ständig dieser „Plappermann“ im Ohr, der mir wieder und wieder alle Möglichkeiten aufzählte, Vor- und Nachteile abwägte, gewichtete, bewertete – aus seiner (also ja eigentlich MEINER beschränkten) Perspektive – und das in Dauerschleife.
Dies war der Moment in dem mich Kerstin, Freundin und Naturcoach, zu einer Joggingrunde am Rhein überredete. Das Wetter lud nicht gerade dazu ein und passte zu meiner Stimmung: Ungemütlich feucht und kein bisschen Sonne in Sicht. Wir liefen am Wasser entlang durch ein Stück unberührte Natur und ich erzählte ihr von meiner „verfahrenen Situation“ als wir kurz darauf in einen dichten Nebel gerieten. Sie blieb stehen und fragte mich nur, was sich hinter dem Nebel für mich zeigen würde.
Ich stand also an diesem Flussufer und starrte auf eine dichte, weißgraue, fast schon surreal-lebendige WAND, die den Fluss ziemlich genau in der Mitte teilte. Ich kannte den Ort und den Anblick des gegenüberliegenden Ufers. Ich wusste also, dass dort etwas war und dennoch konnten meine Augen nichts wahrnehmen. Ich versuchte den Nebel zu durchdringen, die andere Seite zu erkennen. Unmöglich, so sehr ich mich auch anstrengte. Ich konnte nichts erkennen. Das NICHTS traf auf den Gedankenwust in meinem Kopf und breitete sich langsam im meinem Stirnraum aus, was mir im ersten Moment fast schon körperliche Schmerzen bereitete. Mein ganzer Kopf dröhnte und meine Augen taten weh. Gleichzeitig fühlte ich mich von dieser LEERE wie hypnotisiert, spürte eine unglaubliche Anziehung weiter hinein zu starren. Schließlich begann sich diese LEERE in meinem Kopf auszubreiten. Die Gedanken verstummten, mein ganzer Stirnraum wurde weit und leer… und leicht. Ein wunderschönes Gefühl, das ich schon so lange nicht mehr erfahren hatte. Ich nahm die Natur um mich herum plötzlich viel bewusster war. Das Rauschen des Flusses, die klare, feuchte Luft, den Wind in meinem Gesicht, die alten Bäume um mich herum, der bemooste Stein unter meinen Füßen.
Auf einmal war es gar nicht mehr so wichtig zu sehen, was da auf der anderen Seite war. Vollkommene innere Ruhe stellte sich ein und das Vertrauen in die Richtigkeit aller Dinge. Es war einfach nur schön im Moment verweilen zu dürfen, ihn zu genießen, wohlwissend, dass es vorüber geht, dass sich der Blick auf das andere Ufer wieder lüften wird – sobald der richtige Zeitpunkt gekommen war. Und so war es dann auch.
Danke Kerstin.“
Karin
Lehrerin, Heilerin, Coach